Erklärung des Treffens #DieLinkeMitZukunft

(Berliner Treffen progressiver Linker in und bei der Partei DIE LINKE.)

Am 03. Dezember 2022 haben wir uns als progressive Linke in und bei der Partei Die Linke getroffen, um uns zur aktuellen Situation der Partei und ihren internen Konflikten auszutauschen. Dabei verständigten wir uns über folgende Positionen und das weitere Vorgehen:

Das Jahr 2023 wird für die weitere Entwicklung der Partei die Linke ein Schlüsseljahr. Sie befindet sich in einer existenziellen Krise. Zur Überwindung der Krise schlagen wir als Weg einer neuen politischen Erkennbarkeit der Linken vor, sich auf ihre festgeschriebenen programmatischen Grundwerte zu besinnen und endlich wieder unmissverständlich und eindeutig innerhalb des verbindlichen und unverletzbaren Korridors ihrer Kommunikation und Politik zu bewegen. Ausgangspunkt einer solchen Erneuerung sind für uns die linken Grundwerte, die wir vor 15 Jahren als Grundkonsens der neuen LINKEN formuliert haben. Diesen wollen wir verteidigen, bekräftigen und auf die heutige Zeit übertragen: „Gemeinsam wollen wir eine Partei, wie es sie in Deutschland noch nicht gab – Linke einigend, demokratisch und sozial, ökologisch, feministisch und antipatriarchal, offen und plural, streitbar und tolerant, antirassistisch und antifaschistisch, eine konsequente Friedenspolitik verfolgend.“ Wir wenden uns strikt gegen jeglichen Antisemitismus.

Die Landtagswahlen in Berlin, Bremen, Hessen und Bayern werden die Frage beantworten, ob es ihr nach den Wahlniederlagen der vergangenen 14 Monate gelingt, ihre derzeitige Misere zu überwinden. Insbesondere, ob es ihr gelingt, in Zeiten multipler Krisen den Nachweis zu erbringen, gebraucht zu werden. Dabei ist eine starke linke Partei in einer Zeit, die von der russischen Aggression gegen die Ukraine, der voranschreitenden Klimakrise, weltweiten Fluchtbewegungen und wachsenden sozialen Ungleichheit geprägt ist, eine unverzichtbare Notwendigkeit! Das gilt vor allem hierzulande.

Als progressive Linke suchen wir zusammenführende und solidarische Antworten. Das heißt, wir suchen nach Antworten, die Krisen und Diskriminierungen gleichermaßen in den Fokus nehmen und nicht Betroffene gegeneinander ausspielen. Wir suchen nach Antworten, die Ungerechtigkeiten im eigenen Land benennen, ohne sich von der Welt abzuschotten. Und wir suchen nach gegenwärtigen Antworten, die die existenziellen Herausforderungen der Menschheit aufzeigen, ohne sich die Perspektive einer demokratisch-sozialistischen, solidarischen Gesellschaft zu verbauen. Dafür wollen wir gemeinsam mit der Partei, Gewerkschaften und Sozialverbänden, mit Initiativen für Umverteilung, sozialer Gerechtigkeit, gegen Diskriminierungen, mit Bewegungen gegen die kommende Klimakatastrophe, Initiativen für Solidarität mit Geflüchteten und in den vor uns liegenden Wahlkämpfen unteilbar eintreten. Deutschland braucht eine demokratisch-sozialistische Partei, die für eine solidarische Gesellschaft streitet.

Um diese Aufgabe erfolgreich zu bewältigen, müssen wir unsere Hausaufgaben machen und für die Menschen eindeutig erkennbar werden. Und das wollen wir! Jedoch erreicht die Partei in Umfragen auf Bundesebene derzeit nur etwa 4 bis 5 Prozent. In einigen westdeutschen Flächenländern weniger als 3 Prozent, mehrheitlich nur 2 Prozent. In Bayern, NRW und Rheinland-Pfalz weisen Umfragen einen nicht messbaren Zuspruch auf. Die Kompensation der Schwäche der westlichen Bundesländer durch die guten Ergebnisse der ostdeutschen Länder ist aufgebraucht und unmöglich bei Umfrage- und Wahlergebnissen um 10 Prozent. Inzwischen greift diese Entwicklung auch auf die bisher besser dastehenden Metropolen über. Das wollen wir stoppen!

Der erneute Versuch diese Entwicklung durch eine Fokussierung der Partei auf die sich verschärfende soziale Situation mit einem „heißen Herbst“ zu beantworten, war notwendig, hat aber ihre eigene Lage nicht verändert. Das große Engagement tausender Mitglieder verdient großen Respekt. Viele von uns gehören mit zu den Aktiven. In Regierungsverantwortung und in kommunalen Parlamenten konnten wir Entlastungspakete durchsetzen, durch die das soziale Ungleichgewicht der Ampel-Politik zum Teil kompensiert wurde und so die soziale Lage gerade von Menschen mit wenig Geld verbessert hat. Doch zum wiederholten Male zeigt sich, dass dringende sozialpolitische Antworten nicht überzeugen, solange keine Geschlossenheit in anderen gesellschaftspolitisch relevanten Fragen gegeben ist und reale Durchsetzungsperspektiven für notwendige Änderungen erkennbar werden. Diese Übereinstimmung muss hergestellt werden!

Dazu ist es auch notwendig sich mit dem Begriff des „Linkskonservatismus“ und dem ihm zugrundeliegenden Politikkonzept auseinanderzusetzen. Wir halten diesen für wenig zutreffend und zitieren ihn nur als Eigenbeschreibung aus dem Buch „Die Selbstgerechten“. Unsere Kritik richtet sich daher auch in keiner Weise gegen gewerkschaftlich organisierte oder kapitalismuskritische, internationalistische Linke. Ganz im Gegenteil, wir sehen sie als Bündnispartner*innen einer zukunftsfähigen Linken. Der zitierte „Linkskonservatismus“ jedoch hat mit den Werten der internationalen Solidarität vollständig gebrochen. In seiner Selbstdarstellung ist er dem Inhalt nach sozialkonservativer Nationalpopulismus für die vermeintliche Mehrheit der „deutschen Bürger“, der in Stellung gebracht wird gegen Geflüchtete, queere Menschen, Klimabewegte und andere „skurrile Minderheiten“. Er grenzt sich offensiv von sozialen, antifaschistischen Bewegungen und solchen gegen Diskriminierungen, von linker Organisierung in Gewerkschaften, konkreter Solidarität und Internationalismus ab.

In zentralen gesellschaftspolitischen Fragen wird so die Partei seit langem inhaltlich tief gespalten. In der öffentlichen Wahrnehmung wird insbesondere die in der Bundestagsfraktion hartnäckig tolerierte Koexistenz unvereinbarer Positionen zu Recht als unwählbare „Zerstrittenheit“ reflektiert. Die u.a. aus Angst vor einer organisatorischen Spaltung erwachsende Unfähigkeit, die Situation politisch zu entscheiden, führt zu einer langanhaltenden, selbstzerstörerischen Erosion der Linken. Wir wollen das ändern!

II

Im Kern hat die Partei drei Möglichkeiten auf ihre Misere zu reagieren:


Sie kann die öffentlich wahrgenommene Folgenlosigkeit der oft aus der Fraktion provozierend vorgetragenen, antagonistischen Positionen in zentralen gesellschaftspolitischen Fragen fortsetzen. Die Antwort, wie das auf die Organisation, Mitgliederentwicklung und den Zuspruch der Wähler*innen wirkt, wurde seit der Bundestagswahl mehrfach klar gegeben. Es ist der Weg in die Bedeutungslosigkeit.

Sie kann sich die „linkskonservativen“ Ansichten Einiger grundsätzlich zu eigen machen und, wie es die indifferente Mehrheit der Bundestagsfraktion schon jetzt macht, zulassen, dass das Profil der Partei allmählich programmatisch und strategisch entsprechend ausgerichtet wird. Das ist definitiv nicht unser Weg, sorgt aber bei Menschen für Klarheit und beendet die derzeitig selbstzerstörerische Beliebigkeit.

Oder sie besinnt sich auf ihre festgeschriebenen programmatischen Grundwerte und macht diese endlich wieder unmissverständlich und eindeutig zum verbindlichen und unverletzbaren Korridor ihrer Kommunikation und Politik.

Zur Überwindung der Krise schlagen wir als Weg einer neuen politischen Erkennbarkeit der Linken die letzte der genannten Möglichkeiten vor.

Übersetzt in die heutige Zeit bedeutet das: Wir wollen eine Partei, die:

  • in den Zeiten globaler Herausforderungen als demokratisch-sozialistische Linke für ökologische, friedenspolitische und ökonomische Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit sowie für die Wahrung und für die zivile wie demokratische Durchsetzung universeller sozialer und politischer Menschenrechte steht. Diese Ziele formulieren die Interessen der Mehrheit aller Menschen und sind für uns die zentralen Werte demokratisch-sozialistischer Politik. Abschottung, Diskriminierung und Ausgrenzung sind damit unvereinbar und lehnen wir in der Gesellschaft und in der Partei ab. Wir spielen nicht soziale Gerechtigkeit gegen Freiheitsrechte aus. Antifaschismus ist eine Kernaufgabe unserer Partei. Wir sind solidarisch mit Antifaschist*innen weltweit. Wir wehren uns gegen die Kriminalisierung antifaschistischen Handelns in Deutschland.
  • gemeinsam Politik mit all denen gestaltet, die für eine Gesellschaft stehen, in der alle Menschen in Würde leben können und in der Solidarität und soziale Gerechtigkeit die Grundlage sind. Dabei gehen wir davon aus, dass die Freiheit der Einzelnen nur dort dauerhaft Wirklichkeit werden kann, wo sie nicht auf Kosten oder durch Unterdrückung Anderer bzw. ihrer Diskriminierung erfolgt und wo mit Solidarität gesellschaftlichen Herausforderungen begegnet wird. Wir wollen uns sowohl für die Interessen der Arbeitenden (z.B. Erwerbstätige, Carearbeiternnen, Selbständige, Transfergeldempfänger*innen) als auch für die der Geflüchteten, Erwerbsunfähigen und Rentnerinnen einsetzen.
  • eintritt für eine global gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums und für den bestimmenden Einfluss öffentlichen, genossenschaftlichen und gesellschaftlichen Eigentums, insbesondere bei der öffentlichen Daseinsvorsorge und Grund und Boden. Der neoliberale Kapitalismus ist gescheitert. Er hat die Systemwidersprüche nicht nur nicht gelöst sondern verschärft. Wir brauchen (wieder) mehr eine an den existenziellen Bedürfnissen der Gesellschaften ausgerichtete Regulierung.
  • dafür kämpft, dass die Welt bewohnbar bleibt. Ohne Klimagerechtigkeit, den ökologischen und sozialverträglichen Umbau der Wirtschaft und Gesellschaft wird das nicht gelingen. Der Klimawandel wird die Ärmsten am härtesten treffen. Statt die Klimabewegung als ein Mittelschichtsprotest zu kritisieren, kämpfen wir mit und innerhalb der Klimabewegung für demokratische und sozialistische Lösungen. Klimaproteste müssen mit dem Kampf gegen Kapitalismus und Konzerne verbunden und nicht gegen die Interessen sozialer Gerechtigkeit ausgespielt werden. Wir suchen mit den von der notwendigen Transformation Betroffenen nach solidarischen Lösungen für einen sozialen und ökologischen Umbau. Klimagerechtigkeit bedeutet Gerechtigkeit sowohl innerhalb von Deutschland als auch für den globalen Süden.
  • weiß, dass es leicht ist, die Näherin in Bangladesch gegen den Kassierer im Discounter auszuspielen, die hiesige Fabrikarbeiterin gegen den Fischer in Somalia. Nichts anderes ist die rechte Mobilisierung, die unter dem Motto „Wir zuerst!“ stattfindet, leider oft erfolgreich. Das ist nicht nur zutiefst egoistisch sondern auch abgrundtief dumm. Wer nicht bereit ist, die Interessen der von den globalen Krisen und Verteilungsungerechtigkeiten am stärksten Betroffenen mit in das eigene Denken und Handeln einzubeziehen, wird diese vertiefen, verstärken und letztendlich selbst immer stärker betroffen sein.
  • den Prozess der europäischen Integration als Herausforderung und Chance begreift, die Europäische Union weiter zu demokratisieren, friedlicher, gerechter und ökologischer zu gestalten. Ein Zurück zu Nationalismus und regionale Borniertheit sind für uns keine Option. Der Irrweg des Brexit zeigt, dass mit dem Setzen auf die nationale Karte die großen internationalen Herausforderungen nicht zu bewältigen sind. Vielmehr kommt es gerade jetzt darauf an, auf der Ebene der Mitgliedsstaaten die unter dem Druck der aktuellen Krisen vorgenommenen Kurskorrekturen der EU wie die Aufnahme gemeinsamer Kredite zur Finanzierung ökologisch orientierter Investitionsprogramme zu unterstützen und zu nutzen. Es kommt darauf an, dafür einzutreten, derartige Programme wesentlich konsequenter auf soziale und Klimaschutzziele auszurichten und die Europäische Union insgesamt vom Ballast neoliberaler Politik zu befreien. Eine eigenständige, fortschrittliche Politik auf der Ebene der Mitgliedsstaaten – gemeinsam mit möglichst vielen anderen EU-Mitgliedsländern – erhöht den Druck in Richtung sozialer und ökologischer Reformen auf EU-Ebene. Dadurch entsteht wiederum erweiterter Spielraum für fortschrittliche Politik im einzelstaatlichen und regionalen Rahmen. Staaten stellen immer noch starke Kräfte für eigenständige regionale Regulierung dar, für viele sind sie auch der Ordnungsrahmen für Politik, und dennoch wird es ihnen ohne wachsende internationale Kooperation zunehmend unmöglich, Probleme zu lösen und den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden.
  • gerade jetzt europäische Solidarität, Vernetzung und gemeinsames Handeln im Rahmen der Europäischen Linken als unverzichtbar ansieht. Im Hinblick auf die Europawahl machen wir uns als Gegenpol zum dramatischen neonationalistischen Aufstieg der Rechten in Europa für eine klare, gemeinsame Perspektive eines solidarischen Europas stark. Dabei wissen wir, diese Erneuerung kann nur gelingen mit der Solidarität aller Linken in Europa und einer Vision einer anderen, solidarischen und gerechteren Europäischen Union.
  • den verbrecherischen Angriffskrieg Russlands und die von Russland begangenen Kriegsverbrechen aufs Schärfste verurteilt und sich für eine Bestrafung der Verantwortlichen einsetzt. Unsere Solidarität gilt den Menschen in der Ukraine, die leiden, Widerstand leisten oder flüchten müssen. Wir verteidigen alle Menschenrechte an jedem Ort. Wir erkennen das Recht des ukrainischen Volkes auf Selbstverteidigung gegen den russischen Angriff entsprechend der UN-Charta Art. 51 an. Zur Beendigung des russischen Krieges gegen die Ukraine fordern wir den vollständigen Rückzug russischer Truppen aus der Ukraine und einen entsprechenden Waffenstillstand, der den Weg zu ernsthaften Friedensverhandlungen freimacht. Unsere Solidarität gehört ebenso den Menschen in Russland, die sich gegen den Krieg stellen, desertieren und dafür Verfolgung befürchten müssen.
  • solidarisch ist mit allen Menschen weltweit, die von Krieg und Verfolgung bedroht sind, und die sich allen Brüchen des Völkerrechts und imperialistischer und neokolonialer Machtpolitik entgegenstellt. Unser Antimilitarismus bedeutet, dass wir für die politische Perspektive einer europäischen und globalen Friedensordnung, für friedenspolitische Nachhaltigkeit, die Nichtweiterverbreitung sowie den Abbau von Massenvernichtungswaffen und die Stärkung von Diplomatie, auch im Rahmen der Vereinten Nationen, eintreten.
  • eine Politik, die die Emanzipation der Einzelnen als politische Selbstbefreiung von allen Unterdrückungs- und Diskriminierungsverhältnissen entwickelt, ermöglicht und stärkt. Soziale und politische Teilhabe und Selbstbestimmung sind für uns Ziel und Weg progressiver gesellschaftlicher Entwicklung. Wir wollen mit solidarischer Selbstverwaltung und Selbstorganisation im täglichen Leben wie in Verbindung mit gemeinschaftlicher Kooperation einen Beitrag zur Schaffung einer solidarischen Gesellschaft leisten.
  • sich für eine feministische und antipatriarchale Politik, für die Rechte von queeren Menschen einsetzt, die gemeinsam mit ihnen gegen die Diskriminierung von LGBTIQ kämpft. Wir sehen Vielfalt nicht als Bedrohung sondern als Bereicherung. Für uns sind die Rechte von Frauen und LGBTIQ nicht verhandelbar. Wir verteidigen die erreichten Fortschritte und machen uns stark für echte Gleichstellung in allen Bereichen.
  • auf der Grundlage dieser Ziele und Werte eine solidarische Gesellschaft im Hier und Heute anstrebt und erkämpft und durch progressive Mehrheiten sichert. Diesen Prozess rsp. eine solche Gesellschaft verstehen wir als einen immer wieder neu zu erkämpfenden sozialen und kulturellen Gestaltungsraum und keinen einmal errungenen Zustand mit automatischem Machterhalt. Je mehr Menschen ihn anstreben, desto größer wird er. Als Teil dieser Gesellschaft wollen wir sie demokratisch und rechtsstaatlich verändern. Demokratie, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit sind zivilisatorische Errungenschaften, die wir wahren, beschützen und ausbauen werden. Bei aller Kritik an bürgerlichen Parteien werden wir nicht Demokraten mit den Feinden der Demokratie gleichsetzen.
  • bei allen Handlungen und in jeder Form politisch authentisch bleibt. Für uns ist Opposition kein Mist und Regieren kein Wert an sich. Wir nutzen die demokratischen Grundrechte, die Öffentlichkeit, Streiks, den zivilen Ungehorsam und die Möglichkeiten der Direkten Demokratie. Jedoch gibt es ohne qualifiziertes, widerständiges Regieren und ohne Gestaltungsoptionen auf allen Ebenen auch keine nachhaltigen Lösungen der Herausforderungen im Land und in der Welt.
  • solidarisch gegenüber und Teil von progressiven Bewegungen und Gewerkschaften ist und Bündnis-partner*innen aus der Zivilgesellschaft für wichtig hält. Eine linke Partei hat keine Chance die Gesellschaft zu verändern, wenn sie nicht nachdrücklich auch außerhalb des Parlaments Bündnisse eingeht. Unsere politischen Biografien sind eng verbunden mit dem Engagement in sozialen und vielen anderen Bewegungen, Gewerkschaften und in der Zivilgesellschaft. Wir verstehen uns nicht nur als verlässliche Partnerinnen sondern auch als Teil der Gewerkschaften und ihrer Arbeitskämpfe wie Teil des dem davon nicht zu trennenden Kampf gegen Rechts und für unteilbare soziale als auch Freiheitsrechte. Eine progressive Linke hat die Unterordnung sozialer Kämpfe von Diskriminierten und Minderheiten unter einen vermeintlichen Hauptwiderspruch unumkehrbar überwunden. „Wir kämpfen gegen alle Verhältnisse, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“ (Karl Marx)
  • eine lebendige Mitgliederpartei ist. Wir schaffen Diskussionsräume, die allen Genoss*innen und Sympathisant*innen vor Ort offenstehen, deren Ergebnisse nicht ins Leere laufen. Wir stärken basisdemokratische Elemente. Nur so können wir mit gesellschaftlichen Debatten Schritt halten und in diese einbringen.

III

Eine solche Linke wird in unserer Zeit dringend gebraucht. Sie wäre aus unserer Sicht für viele Menschen ein notwendiger und attraktiver Rahmen für konkretes parteipolitisches Engagement und könnte die Gesellschaft zu mehr sozialer und Klimagerechtigkeit, zu mehr Demokratie und echter Freiheit verändern. Zugleich würde sie erfolgreich die Interessen vieler Menschen vertreten. Anders als „Linkskonservative“ drangsalieren und zerstören wir die Partei nicht mit der permanenten Androhung einer Spaltung. Wir haben für dieses Verhalten kein Verständnis und erwarten, dass darauf unmissverständlich reagiert wird. Gerade weil dadurch die gesamte Partei erodiert, darf weder sie sich noch eine ihrer Vertretungen in den Parlamenten durch Spaltungsdrohungen erpressen lassen. Auf ein solches Vorgehen muss nachhaltig reagiert werden.

Wer dauerhaft nicht bereit ist, Beschlüsse und Grundwerte der Partei zu respektieren, soll diese nirgends vertreten. Wir wollen, dass in dieser Frage Klarheit geschaffen wird. Das ist eine Aufgabe aller Gremien, vor allem aber des Partei- und Fraktionsvorstands. Die Linke ist eine politische Errungenschaft, die wir verteidigen. Wir gehen aber davon aus, dass die Sicherung ihrer Existenz nur mit klaren Richtungsentscheidungen möglich ist. In der Bundestagsfraktion ist dies nicht gelungen. Im Gegenteil: u.a. in der Klimapolitik wurden die falschen Signale gesetzt. Zuletzt wurden gerade auf dem Parteitag getroffene Übereinkünfte in der Außenpolitik konterkariert. Dies hat zu zahlreichen Austritten geführt, die wir sehr bedauern. So enttäuscht und demotiviert die Bundestagsfraktion viele Genoss*innen an der Basis. Das muss sich ändern. Wir erwarten vom Fraktionsvorstand, sicherzustellen, dass die Grundwerte der Partei nicht durch Mitglieder der Fraktion verletzt werden. Ende kommenden Jahres zieht die Bundestagsfraktion ihre Halbzeitbilanz und wählt im IV. Quartal einen neuen Vorstand. Er wird bis zum Ende der Wahlperiode die parlamentarische Politik der Bundespartei prägen. Derzeit ist ein Wille zu einer Richtungsänderung nicht erkennbar. Eher das Streben nach Kontinuität und ein „Weiter so“. Das ist für uns inakzeptabel. Hier Veränderungen herbeizuführen ist nicht zuletzt eine Aufgabe für den Parteivorstand.

Die Wahlen im ersten Halbjahr in Berlin und Bremen, also in zwei unseren bisher erfolgreichsten Landesverbänden, sind für uns die Nagelprobe, ob dieser Kurs landespolitische Erfolge und damit letztlich auch Erfolge bei bundesweiten Wahlen überhaupt noch zulässt. Wir werden, wie bisher, die wahlkämpfenden Landesverbände unterstützen und ihre Ergebnisse auswerten.

Die Ergebnisse der Landtagswahlen 2022 und 2023 sind bzw. werden für uns keine ignorierbaren, rein regionalen Bewertungen von Landesverbänden sein. In vieler Hinsicht sind sie Urabstimmungen der Menschen über die offensichtliche Zerrissenheit der Partei und damit leider auch Vorboten für die Wahlen in 2024, wenn sich die Situation nicht ändert. Für diese Interpretation gibt es viele gute Gründe.

Der Parteivorstand plant für November 2023 den nächsten Bundesparteitag. Dieser und der Parteitag im Juni 2024 werden die letzten Möglichkeiten sein, klar und nachhaltig auf die Krise der Partei zu reagieren. Wir wollen eine programmatische und strategische Debatte auch zum EU-Wahlprogramm nutzen und Diskurse organisieren. Wir kämpfen darum, dass bis dahin und dort, konsequente und erkennbare Entscheidungen für eine inhaltliche und organisatorische Erneuerung getroffen werden:
Bereits im März werden wir auf einem Treffen die Ergebnisse der Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin auswerten und weitere Schritte zur programmatischen und strategischen Erneuerung der Partei diskutieren. Zugleich wollen wir dort eine bundesweite Konferenz im Mai/Juni 2023 vorbereiten, auf welcher wir Anträge zu inhaltlichen und organisatorischen Entscheidungen an den Bundesparteitag im November diskutieren und verabschieden.

Bis dahin werden wir diese gemeinsam in einem transparenten Prozess erarbeiten und in Kreis- und Landesparteitage sowie regionale Treffen mit progressiven linken Bewegungen zur Diskussion und Abstimmung einbringen, wie es in einigen Landesverbänden bereits stattfand. Nach der Verabschiedung unserer Anträge an den Bundesparteitag im Mai/Juni wollen wir bundesweit bei Mitgliedern der Partei um namentliche Unterstützung werben. Wir wollen eine breite Debatte und Unterstützung für eine notwendige Richtungsentscheidung!

2023 ist nicht nur wegen vier Landtagswahlen ein Schlüsseljahr. Es ist das verbleibende Zeitfenster, um innerparteilich und öffentlich eine entsprechend wirksame Klarheit zu schaffen. Unser Ziel ist, dass die Partei zu den Europawahlen 2024, Kommunalwahlen und den Bundestagswahlen 2025 politisch eindeutig erkennbar und zu recht mit dem Namen „Die Linke“ antritt.

Wir haben eine Welt zu gewinnen. Dafür müssen wir um diese Partei als eine progressive, emanzipatorische und plurale Mitgliederpartei kämpfen. Mit uns gemeinsam das zu tun, dafür laden wir alle Genoss*innen und Sympathisant*innen ein, die sich diesen Prinzipien verbunden fühlen.