#DieLinkeMitZukunft
Die Landtagswahl am 09.10.2022 in Niedersachsen war die vierte gravierende Niederlage eines Landesverbandes nach dem katastrophalen Wahlergebnis der LINKEN bei der Bundestagswahl vor gut einem Jahr. Die Ursachen für die letzten Niederlagen sind nicht regionale, wie der jeweilige Wahlkampf. Diese Entwicklung hat strukturelle Gründe in der Gesamtpartei. Wir wollen sie verändern, um politisch handlungsfähig und bei Wahlen erfolgreich zu sein.
Mit der Veröffentlichung des Buches „Die Selbstgerechten“ im April 2021 und der programmatischen Konzeption eines „Linkskonservatismus“ hat eine bis dahin oft auftretende, aber nur an einzelnen zugespitzten Konflikten erkennbare politische Formation in der LINKEN ein eigenes Gegenprogramm erhalten. Dieses ist unvereinbar mit dem Programm der Partei DIE LINKE und befindet sich im definitiven Kontrast zu den Werten und Überzeugungen, die Wähler*innen von einer progressivenPartei erwarten. Unübersehbar ist: die jeweils angesprochenen Milieus stehen sich bei Wahlen und auch in ihren alltäglichen Überzeugungen ablehnend gegenüber und demobilisieren sich gegenseitig.
Der Versuch, beide Ausrichtungen in einer Partei zu vereinen und diese unter Ausklammerung bzw. bei Koexistenz antagonistischer Positionen in zentralen gesellschaftspolitischen Fragen der Gegenwart auf eine „Sozialstaatspartei“ und Protest zu reduzieren, ist damit erneut bei Wahlen nachhaltig gescheitert. Dieser „Politik-Ersatz“ und die Gleichsetzung von Pluralität mit Beliebigkeit lässt gegensätzliche Grundpositionen nicht nur zu und öffentlich nebeneinander stehen, er verhindert aktiv eine überzeugende, glaubwürdige Partei und ignoriert die Binsenweisheit, dass zerstrittene Parteien nicht gewählt werden. Das darf so nicht weitergehen.
Progressive Linke aus unterschiedlichen Strömungen und Zusammenhängen haben sich immer wieder und mit vielen Aktivitäten gegen diese Entwicklung gestemmt und versucht, den Grundwerten desParteiprogramms und darauf basierenden Beschlüssen Gültigkeit zu verschaffen. Auf Parteitagen, mit dem Aufruf „es-reicht“, mit dem Antrag von 8 MdB dafür, dass die Bundestagsfraktion ihre Geschäftsordnung achtet, dem Brief von Landessprecher*innen aus 9 Landesverbänden u.v.m. Der Grundkonflikt konnte nicht aufgelöst werden.
Es gibt Gründe dafür, dass die progressive Linke die Partei bisher nicht stärker prägen konnte:
- Da ist zunächst die Tatsache, dass die Differenzen über die Frage, ob Linke regieren sollen oder nicht, und andere, oft im Zusammenhang stehende, lange höher gewertet wurden als der Kampf um den progressiven Charakter der Partei und die Grundwerte des Programms. Allianzen bildeten sich meist entlang der ersten Frage. Diese blockierten lange ein Zusammengehen in der zweiten und die Fähigkeit in offener Debatte, aus gemeinsamen Werten einerseits und differenten Ansichten andererseits, konstruktive und zukunftsfähige progressive Positionen zu entwickeln.
- Zweitens sind die Auseinandersetzungen in der Partei stark personalisiert. So gibt es zweifellos Personen, die öffentlich nachhaltig mit linkskonservativen Positionen in Erscheinung treten. Allerdings ist mit heftiger Kritik an ihnen das Problem nicht gelöst. Linkskonservatives Denken ist selten mehrheitsfähig, aber trotzdem weit in der Partei und ihren Gliederungen verbreitet.
- Drittens ist der Konflikt keiner nur mit einer, durch das Bündnis der Mehrheit der MdB mit den Linkskonservativen, blockierten Bundestagsfraktion. Es ist auch einer mit Kreis- und Landesvor-ständen und Teilen der Basis. Er manifestiert sich nicht nur in reaktionären Positionen Prominenter, sondern auch im ignoranten Verhalten von Gremien und außerparlamentarischen Bündnissen, die Zusammengehen mit Verschwörungstheoretikern, Rechten und Rechtsextremen, womit der anti-faschistische Grundkonsens der Partei und ihre demokratische Bündnisfähigkeit untergraben wird.
Es ist daher an der Zeit, den Kampf um den progressiven Charakter der Partei auf allen Ebenen und über die Grenzen bisheriger Konflikte hinweg, gemeinsam zu führen. Dabei wollen wir bestehende Differenzen solidarisch weiter miteinander diskutieren. Die Frage, „wie“ wir unsere gemeinsamen Ziele und Werte umsetzen wollen, ist offen und wird sicher weiterhin vielfältig beantwortet werden.
Fest steht für uns aber: Wir müssen sie gemeinsam angehen. Bisherige Prioritätensetzungen unterschiedlicher Ansätze für emanzipatorische linke Politik des 21. Jahrhunderts dürfen uns nicht trennen. Wir wollen sie produktiv machen. Denn es geht um nicht weniger als die Frage, ob diese Ansätze in Zukunft eine parteiliche und parlamentarische Stimme haben werden oder nicht.
Die Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit der Linken erfordert, die Koexistenz mit dem Linkskonservatismus in der Partei zu beenden. Dieser ist radikal gegen das Programm der Partei gerichtet, bekämpft es aggressiv mit gesellschaftspolitisch regressiven, reaktionären Positionen und entsprechenden öffentlichen Aktivitäten. Er zerstört jede Glaubwürdigkeit der Partei und macht sie politikunfähig. In diesem Zustand ist DIE LINKE unfähig, einen progressiven Beitrag zur Lösung der multiplen Krisen in der Gesellschaft zu leisten und macht sich selbst überflüssig.
Sie muss sich entscheiden: Der Kampf um soziale Gerechtigkeit, z.B. eine gerechte Verteilung der Lasten der russischen Aggression gegen die Ukraine, muss unteilbar verbunden sein mit dem Kampf für die universellen Geltung der Menschenrechte, mit progressiven, nachhaltigen Lösungen in der Energie- und Industriepolitik und bei der Bewältigung der ökologischen Krise, für einen starken öffentlichen Sektor bei der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge, mit der Verteidigung der Demokratie.
Angesichts des aktuellen politischen Versagens der Ampelregierung im Bund, der darüber wachsenden gesellschaftlichen Empörung und der europaweit wachsenden Kooperation von Konservativen mit Rechtsextremen, ist eine kompromisslos demokratische Linke die einzige mögliche progressive Alternative. Absolute Klarheit in dieser Frage ist die zentrale Schlussfolgerung aus dem geschichtlichen Versagen der deutschen sozialistischen Linken im 20. Jahrhundert. Dies ist ebenso unvereinbar mit Ignoranz gegenüber Antisemitismus und Rassismus, wie mit einer Sympathie für Autokraten und Diktatoren bzw. ihrer direkten oder auch indirekten Unterstützung.
DIE LINKE in Deutschland ist eine politische Errungenschaft, die wir verteidigen, bewahren und als progressive Linke zukunftsfähig machen wollen. Sie ist heute notwendiger denn je. Deshalb wollen wir die Krise der Partei politisch bewältigen und für ihre progressive Weiterentwicklung kämpfen: durch ein aktives Eintreten für Solidarität, Nachhaltigkeit, Menschenrechte und Demokratie, Emanzipation, Feminismus und praktische Schritte zur Durchsetzung dieser Ziele. Aktuell heißt das z.B. im Bündnis mit der demokratischen Zivilgesellschaft einen Winter der Solidarität zu organisieren.
Die Landtagswahlen im kommenden Jahr sollen im Zeichen unserer programmatischen Grundwerte und einer unteilbar solidarischen und demokratischen Partei vorbereitet werden. Wir unterstützen die Genoss*innen, die Gremien und Gliederungen der Partei, die sich so wie wir, der Durchsetzung der Grundwerte des Programms der Partei verschrieben haben. Zugleich werden wir uns gemeinsam gegen jede Bestrebung wehren, die politisch zerstörerische Koexistenz mit linkskonservativen Bestrebungen in der Partei fortzusetzen. Eine Entscheidung darf nicht mehr vertagt werden.
Damit wir dabei erfolgreicher sind als bisher, müssen wir reden. Wir laden deshalb zu einem bundesweiten Treffen am 03. Dezember 2022 in Berlin ein.
Unterstützen
Wenn du den Aufruf unterzeichnen möchtest und Interesse an der Teilnahme an dem Treffen hast, schreib uns bitte eine Mail.
Das Treffen findet am 03.12.2022 13-22 Uhr in Berlin in der Jugendherberge Berlin Ostkreuz statt.
Unterzeichner*innen
Unterzeichener*innen des Aufrufs für ein Vernetzungstreffen progressiver Linker am 03.12.2022
Stand, 12.10.2022, 20 Uhr
- Lorenz Gösta Beutin, Stellv. Parteivorsitzender, Schleswig-Holstein
- Elke Breitenbach, MdA, Berlin
- Caren Lay, MdB, Sachsen
- Cornelia Möhring, MdB, Schleswig-Holstein
- Juliane Nagel, MdL, Sachsen
- Luise Neuhaus-Wartenberg, MdL, Sachsen
- Thomas Nord, MdB von 2009-2021, Berlin
- Henriette Quade, MdL, Sachsen-Anhalt
- Martina Renner, MdB, Thüringen
- Paul Schäfer, MdB von 2005-2013, NRW
- Cornelia Ernst, MdEP, Sachsen
- Niema Movassat, MdB von 2009-2021, Berlin
- Jan van Aken, MdB von 2009-2017, Hamburg
- Dorothèe Menzner, MdB von 2005-2013, Niedersachsen
- Maja Tegeler, MdBB, Bremen
- Stefanie Fuchs, MdA, Berlin
- Manuela Schmidt, MdA, Berlin
- Sofia Leonidakis, MdBB, Bremen
- Sebastian Schlüsselburg, MdA, Berlin
- Katrin Lompscher, Senatorin a.D., Berlin
- Sören Benn, Bezirksbürgermeister Berlin-Pankow
- Nina Treu, Sachsen
- Robert Fietzke, Sachsen-Anhalt
- Luca Grimminger, Kreisvorsitzende Flensburg
- Jonas Teune, Stellv. Bezirksvorsitzender Berlin-Pankow
- Michael Braedt, Niedersachsen
- Timo Traulsen, Berlin
- Bernd Friedrich, Leipzig
- Maximilian Becker, Leipzig
- Kai Schwarz, Brandenburg
- Wolfgang Behrs, Schleswig-Holstein
- Steffen Oppermann, Brandenburg
- Anne Schlönvoigt, Berlin
- Hans-Joachim Wenk, Niedersachsen
- Rüdiger Lötzer, Bezirksverordneter BVV Berlin-Mitte
- Alexander Schmejkal, Berlin/Brandenburg
- Marit Protze, Berlin
- Robert Irmscher, Berlin
- Hans Schrieber, Berlin
- Lena Tietgen, Berlin
- Dominike Pauli, Frankfurt/Main
- Dieter Storck, Frankfurt/Main
- Sabine Berninger, MdL von 2004-2019, Thüringen
- Eva-Maria Glathe Braun, Stadträtin Die Linke Ulm
- Michél Pauli, Niedersachsen
- Dana Engelbrecht, Berlin
- Lars Hilbig, Baden-Württemberg
- Antje Behler, Baden-Württemberg
- Carsten Labudda, Baden-Württemberg
- Gregor Mohlberg, Baden-Württemberg
- Mirko Schultze, MdL, Sachsen
- Frank Puskarev, Sachsen
- Antje Feiks, MdL, Sachsen
- Achim Bittrich, Sachsen Anhalt
- Carola Ensslen, MdHB, Hamburg
- Frederik Hintermayr, Bayern
- Sebastian Lucke, Baden-Württemberg
- Alexander Jahns, Berlin
- Raik Ohlmeyer, Mitglied des Landesvorstandes, Sachsen-Anhalt
- Kai-Uwe Helmers, Hamburg
- Tanja Hilton, Mitglied des Landesvorstandes, Baden-Württemberg
- Kai Jesiek, Niedersachsen
- Ingo Krenser, Niedersachsen
- Katrin Fey, NRW
- Kerstin Köditz, MdL, Sachsen
- Anja Kreisel, Co-Kreisvorsitzende, Frankfurt (Oder)
- Edith Bartelmus-Scholich, NRW
- Michael Barth, Niedersachsen
- Ronny Diering, Brandenburg
- Kolja Schulte, Hamburg
- Thimo Scheiba, Thüringen
- Tim Esser, Rhein-Erft
- Yannik Wiedenbrück, Berlin
- Daniel Schwerd, MdL 2012-2017, Nordrhein-Westfalen
- Marco Pompe, Berlin
- Florian Kautter, KV Göttingen
- Dr. Hellena Horst, Erfurt
- Salome Berhanu, Berlin
- Jörn Kohlmorgen
- Johannes Kolleck, Berlin
- Mark Meyer, Hamburg
- Lutz Theile, KV Leipzig
- Charly Roffalski, Sachsen/ Linksjugend solid
- Andrea Mobini Kesheh, Stadtverordnete Mülheim/Ruhr
- Philip Kaufmann, Marburg-Biedenkopf
- Alex Lepski, Freiburg
- Uwe Schubert, Ilmkreis
- Jörg Rupp, KV Karlsruhe
- Daniel Holler, Mainz-Bingen
- Finn Luca Frey, Norderstedt
- Roland Sperling, Stadtverordneter Neuss, NRW
- Joerg-Christian Gollub, Sprecher KV Westerwald
- Christian Kerntopf, Berlin
- Jan Heinemann, Niedersachsen
- Gabi Gschwind-Wiese, Sprecherin KV Plön
- Anna Weber, Sprecherin LAG Kinderarmut, BAG Gesundheit, Pflege und Soziales, Berlin
- Salih Alexander Wolter, Berlin
- Annette Frölich, Wiesbaden
- Alexander Klotzovski, Brandenburg
- Farsaneh Samadi
- Claudia Jacob-Uçar, Berlin
- Vita Adam
- Clemens Schürmann, Hessen
- Karsten Peters, Brühl/Rhld
- Anne Trompa
- Felix Jungbluth, KV Schleswig-Flensburg
- Fabian Blunck, Leipzig
- Wolfgang Methling, Landesumweltminister a.D., Rostock MV
- Dr. Alexandra Leipold, Bonn
- Torge Dermitzel, Stellv. Landesausschussvorsitzender, Thüringen
- Klaus Belgraver, KV Plön, Schleswig-Holstein
- Jan Werner, Kreisgeschäftsführer KV Ravensburg
- Dr. Thomas Drzisga, Halle
- Christian Wiedemann, OV München Nord
- Peter Martens
- Hendrikje Klein, MdA, Berlin
- Tino Marwitz, KV Potsdam
- Christiane Kliemann, Bonn
- Ruby Lizbeth Cichon, Berlin
- Nicole Trommer, BV Pankow
- Claudia Engelmann, MdA, Berlin
- Svenja Killius, KV Oberland Bayern
- Alexander Glasner-Hummel, Mitglied des Landesvorstands, Baden-Würtemberg
- Birgit Wiechmann, SprecherInnenrat KV Osterholz
- Dominik Lehmann, München
- Jens Neumann, Berlin
- Michael Efler, MdA von 2016-2021, Berlin
- Manfred Preischl, Vorstandsmitglied KV Mittlere Oberpfalz
- Jenny Keck, Dresden
- Hans-Joachim Wenk
- Andrea Kostolnik, KV Köln
- Iris Rosenbaum, Schleswig-Holstein
- Volker Wiese, KV Plön
- Matthias Zwack, München
- Lars Thiele-Kensbock, Dithmarschen
- Klaus-Peter Berndt, Sprecher BV Hamburg-Altona
- Christian Elger, Stadtverordneter Wittenberge
- Michael Sievers, KV Bochum
- Marlon Borchers, Niedersachsen
- Christine Wilholm, Kreissprecherin, Stadtverordnete, Augsburg
- Katrin Mohr, KV Neukölln, BAG Betrieb & Gewerkschaft
- Felix Schluchter
- Michael Neuhaus, Stadtrat Leipzig
- Marko Kwapinski, Berlin
- Florian Faltenbacher
- Gunter Haake
- Uwe Nischwitz
- Wolfgang Cornelius, KV Lüchow Dannenberg
- Rüdiger Franzke
- Paul Gruber
- Carla Büttner, SBV Leipzig Süd
- Julian Böhm, KV Helmstedt
- Peter Wendekamm
- Leonardo Coeli
- Anni Bõse